Kinderarmut

Armut und Kinderarmut in Deutschland sind relativ – Betroffene leiden in der Regel weder Hunger noch Durst. Arme Kinder hierzulande haben ein Dach über dem Kopf und gehen in die Schule. Armut in einem reichen Land wie Deutschland zeigt sich vielmehr durch eine einge schränkte materielle Grundversorgung und geringere soziale Teilhabe, durch verminderte Bildungschancen und schlechtere Gesundheit. Armut in Deutschland ist auf den ersten Blick nicht sichtbar, doch die Zahlen zeigen deutlich, dass es keine seltenen Einzelfälle sind.

Als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens im Land zur Verfügung hat. Für eine Einzelperson liegt diese Schwelle bei 925 Euro, für eine Familie mit einem Kind bei 1665, mit zwei Kindern bei 1943 Euro. Alleinerziehende und deren Kinder sind besonders häufig von Armut betroffen. Im Vergleich der 30 OECD-Staaten weist Deutschland bei ihnen die fünfthöchste Armutsquote auf. Derzeit lebt jeder siebte Bundesbürger unterhalb der Armutsschwelle – rund ein Drittel mehr als noch vor zehn Jahren. Besonders hart trifft es die Kinder der Armen – mittlerweile mehr als 2,5 Millionen Mädchen und Jungen bundesweit.

Sie leben auch im Kreis Euskirchen: Von den rund 11.700 hier leben den Personen, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) beziehen, sind 3.389 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren.  Kinder sind von Armut in besonderem Maße betroffen. Sie sind ausgeschlossen vom Lebensstandard der meisten Mitschüler, werden früh ausgegrenzt aus Bereichen wie Bildung, Förderung, Kultur und Sport. Kinder aus armen Familien gehen nicht ins Kino oder in die Eisdiele, wenn es die Klassenkameraden tun, laden nicht ein zum Kindergeburtstag, bekommen keine Nachhilfe, wenn es in der Schule nicht so gut läuft, und verzichten darauf, ein Instrument zu lernen, auch wenn sie es gerne wollten.

Ganz konkret gesprochen

Während sich die Geburtenrate in Deutschland seit 1965 nahezu halbiert hat, ist die Zahl der Kinder, die arm sind, um das 16-fache angestiegen. Derzeit müssen sie mit 208 Euro im Monat auskommen, dem so genannten Hartz- IV-Regelsatz für Kinder. Darin enthalten sind 86 Cent für Spielsachen und maximal 76 Cent für Schulsachen. Auf ein Jahr umgerechnet bekommt ein solches Kind 10,32 Euro für Spielsachen und 9,12 Euro für Schulbildung. In puncto Ernährung sieht es kaum besser aus:

Ein 15 Jahre alter Jugendlicher, der sich ausgewogen und gesund ernähren möchte, benötigt hierfür zwischen 4,86 Euro (Discounter) und 7,44 Euro (Supermarkt), so das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund. Im Hartz-IV-Regelsatz sind für die Ernährung aber nur 2,57 Euro vorgesehen. Viele Eltern sehen sich nicht in der Lage, die angebotenen Mittagessen im Ganztagsschulbetrieb zu bezahlen, so dass arme Kinder auch hier außen vor bleiben. Arm sein bedeutet für Kinder, früh zu merken, dass sie nicht mithalten können. Ihre Lebenschancen sind weitaus schlechter als die anderer Kinder in unserer Wohlstandsgesellschaft. Fakt ist: Kinderarmut betrifft uns alle, denn in letzter Konsequenz gefährdet sie die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.